Regulierungsdichte sowie hohe Energie- und Arbeitskosten bremsen Betriebe
Die aktuelle Diskussion rund um Werksschließungen legt abermals strukturelle Probleme am Produktionsstandort Deutschland nahe. Seit wenigen Tagen ist es zudem offiziell: Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet mit einem zweiten Rezessionsjahr in Folge.
Es bedarf nun von vielen Seiten eines Kraftakts, um zu vermeiden, dass immer mehr Fertigungslinien angesichts hoher Kosten und bürokratischer Auflagen ausgelagert oder Betriebe sogar eingestellt werden.
Für die industrielle Basis, die derzeit ihre unternehmerischen Finanzierungsfunktionen kritisch überprüft, lohnt es sich, Alternativen zum gewerblichen Hausbankdarlehen zu sondieren. Denn: Die Aufnahme von Krediten (Fremdkapital) bedeutet immer eine Erhöhung des Verschuldungsgrads. Dies engt den weiteren Spielraum ein. Besser ist oftmals der Aufbau eines professionellen Forderungsmanagements, das auf die Aufrechterhaltung laufender Einnahmen und die Vermeidung von Liquiditätsengpässen abstellt.
Aufgrund der häufig verwirrenden Begriffsvielfalt im Zusammenhang mit dem Thema Forderungsfinanzierung (Factoring): Nachstehend Empfehlungen zu drei gängigen Varianten dieser alternativen Finanzierungsart (in übersichtlicher Form und klar verständlich).
Inhouse-Factoring: Das Rechnungswesen bleibt im Unternehmen
Zu spät beglichene oder sogar uneinbringliche Rechnungen (Zahlungsverzögerungen beziehungsweise Forderungsausfälle) gehören zu den größten Liquiditätsrisiken für KMU. Umfragen von Bibby Financial Services, für die weltweit 1.800 mittelständische Unternehmen befragt wurden („Global Business Monitor“), legen nahe, dass jeder zweite Mittelständler in Deutschland davon betroffen ist. Hier setzt Inhouse-Factoring an: Sie stellen Ihrem Kunden wie gewohnt Ihre Leistungen in Rechnung, geben diese aber an einen Factoring-Dienstleister weiter und erhalten im Gegenzug sofort Liquidität bereitgestellt. Dieser erhält dafür eine Gebühr. Darüber hinaus sichert der Factoring-Dienstleister auf Wunsch auch gegen den Totalausfall der Debitoren (sogenanntes „Delkredererisiko“) ab. Das Rechnungs- und Mahnwesen verbleibt bei dieser Variante des Factoring in Ihrem Unternehmen (ergo „Inhouse“). Daher gilt sie als besonders kostengünstig.
Full Service-Factoring: Die „All-Inclusive”-Lösung
Full Service-Factoring beinhaltet Dienstleistungen, die über das Inhouse-Factoring hinausgehen. Laut Jahresbericht des Deutschen Factoring Verbands entfallen auf diese Factoring-Art knapp 28 Prozent des in Deutschland allozierten Factoring-Gesamtvolumens (zum Vergleich Inhouse-Factoring: 64 Prozent).
Das klassische Factoring zielt darauf ab, die Zeit, die Ihre Kunden im Schnitt benötigen, um Rechnungen zu begleichen („Debitorenlaufzeit“) zu optimieren und das Risiko aus Forderungsverlusten zu minimieren. Dies bietet sich etwa für Betriebe an, die (regelmäßig) hohe Außenstände oder einen intensiven Wareneinsatz haben.
Der wesentliche Unterschied zum Inhouse-Factoring liegt in der Buchhaltung: Der Factoring-Dienstleister übernimmt hier zusätzlich das komplette Mahn- und Inkassowesen und sichert klassischerweise auch das Delkredererisiko ab. Aufgrund der kompletten Übernahme des Debitorenmanagements liegt die Factoring-Gebühr in der Regel oberhalb von Inhouse-Factoring-Lösungen, jedoch - abhängig von Risiko - überschaubar im zumeist niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Ultimo-Factoring: Betriebliche Kennzahlen verbessern
Ultimo-Factoring weist ähnliche funktionale Merkmale wie die eingangs besprochenen Varianten auf und verspricht ähnlich gute Effekte auf den unternehmerischen Geldfluss („Cashflow“), erfolgt aber aus kurzfristigeren finanzstrategischen Motiven. Dabei geht es um den einmaligen Verkauf offener Forderungen zu einem bestimmten Bilanzstichtag. Hintergrund: Wenn zum Jahreswechsel, der für viele Unternehmen auch das laufende Geschäftsjahr beendet, weniger Geld in offenen Rechnungen gebunden ist, dann verbessert dies nicht nur die Umsatzrendite, sondern auch die Eigenkapitalquote. Diese betriebliche Kennziffer hat wiederum Einfluss auf Ratings und Bonitätsbewertungen, also die Kreditwürdigkeit. Wer also möglichst gute Konditionen bei Kapitalgebern und Geschäftspartnern verhandeln möchte, der kann auf diesem Weg seine Position stärken. Zur dauerhaften Liquiditätssteuerung sind hingegen die eingangs skizzierten Factoring-Varianten „Full Service“ und „Inhouse“ besser geeignet.
Ausblick: Mittelstand entlasten
Es sind vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen, die unter der derzeitigen Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft leiden. Denn: Der Mittelstand erwirtschaftet einen Großteil seiner Umsätze - anders als die großen Konzerne - (noch) in Deutschland. Um dies zu belegen, genügt ein Blick auf die Performanceunterschiede zwischen DAX und MDAX in diesem Jahr. Kostenlasten, Berichtspflichten und weitere Rahmenbedingungen erweisen sich als Bremsfaktoren.
Auf der Finanzierungsseite gibt es Möglichkeiten, einen Beitrag zur Entlastung des Mittelstands zu leisten. Die Ergebnisse der erwähnten Global Business Monitor-Studie deuten darauf hin, dass deutsche KMU im Schnitt pro Jahr Ausgangsrechnungen in Höhe von 16.000 Euro als uneinbringliche Forderungen abschreiben müssen. Um zumindest diese Finanzlücke zu schließen, bietet sich Forderungsfinanzierung (Factoring) als ein Baustein der Gesamtstrategie an. Factoring ist mittlerweile ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Deutschland, noch werden Nutzen und Potenziale - etwa das beschriebene Ultimo-Factoring - jedoch nicht vollumfänglich ausgeschöpft.
Der Deutsche Factoring Verbandhat errechnet, dass mehr als 106.000 Unternehmen Factoring als Teil ihres Finanzierungsmixes nutzen und Betriebsmittel im Gegenwert von über 9 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts auf diesem Wege finanzieren. Wer sich für das Thema interessiert, sollte bei der Wahl des Factoring-Dienstleisters Branchenerfahrung und Referenzen checken sowie ob dieser ggf. bankenunabhängig (aus Flexibilitätsgesichtspunkten in bestimmten Fällen ein Vorteil) aufgestellt und Mitglied des Deutschen Factoring Verbands ist.
Hier geht es zum Artikel vom Markt und Mittelstand